Richtlinien

und Empfehlungen

Richtlinien und Empfehlungen

Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung angeborener Stoffwechselkrankheiten und Endokrinopathien unterliegen einer ständigen Verbesserung der Analytik und der klinischen Interpretation. Die wissenschaftliche und technische Entwicklung erlaubt die Einbeziehung immer weiterer Gesundheitsstörungen in den Früherkennungsprozess. Nicht in allen Fällen erfüllen sich jedoch die mit der Aufnahme einer Screeninguntersuchung verbundenen Erwartungen oder Hoffnungen.

Auch die Anforderungen, die aus der Fachwelt und aus der Bevölkerung an ein Screeningsystem gestellt werden, zeigen Entwicklungen. Dies könnte zur Folge haben, dass die einzelnen Screeningprogramme für Neugeborene mit der Zeit stark divergieren. Um eine gewisse an wissenschaftlichen Ergebnisse ausgerichtete Einheitlichkeit zu erreichen, haben wissenschaftliche ärztliche Fachgesellschaften, Krankenkassen oder Gesetzgeber in vielen Industrieländern Richt- oder Leitlinien veröffentlicht. In einigen Staaten bestehen auch spezielle gesetzliche Regelungen.

Maßgebend für das Neugeborenenscreening in Deutschland sind die sogenannten „Kinderrichtlinien“ (Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres). Die letzte Novellierung erfolgte am 16. Dezember 2010, da die Anpassung des erweiterten Neugeborenenscreenings an das Gendiagnostikgesetz (GenDG), das am 1. Februar 2010 in Kraft trat, erforderlich wurde.

Weiterführende Links:
Deutsche Gesellschaft für Neugeborenenscreening e.V.

Qualität der Trockenblutprobe

Die Ergebnisse des Neugeborenen-Screenings sind von der Qualität der Trockenblutproben abhängig. Nachfolgend haben wir einige Fehlerquellen zusammengestellt.

Transfusion/fresh frozen Plasma (FFP)

Das Neugeborenen Screening sollte möglichst vor Gabe einer Transfusion/fresh frozen Plasma (FFP) abgenommen werden, auch wenn das Kind <36 Stunden alt ist. Transfusionen beeinflussen das Ergebnis der Tests nachhaltig und können zu falsch negativen Resultaten (siehe Tabelle unten) führen.

Sollte es doch einmal notwendig sein, das Neugeborenen-Screening nach Gabe von Blut- oder Blutersatzprodukten abzunehmen, sollte die Untersuchung nach einer Woche (Serum-Parameter) und 6-8 Wochen (erythrozytäre Parameter) wiederholt werden.

Literatur:
Dtsch Arztebl 2011; 108(1–2): 11–22. DOI: 10.3238/arztebl.2011.0011
AWMF Leitlinie 024/012 Klasse S2K „Neugeborenen-Screening auf angeborene Stoffwechselstörungen und Endokrinopathien“

Störfaktoren der einzelnen Tests

TestparameterFalsch-positives ErgebnisFalsch-negatives Ergebnis
TSHBlutentnahme vor der 36. Lebensstunde
Jodhaltige Medikamente
Jodkontamination des Kindes
Thyreostatika bei der Mutter
Frühgeburt < 32. SSW
Katecholamine
EDTA
Transfusion/fresh frozen plasma
spät-manifeste Hypothyreose“
17-OHP (17-alpha-Hydroxy-Progesteron)Nabelschnurblut/Blutentnahme vor der 36. Lebensstunde
Frühgeburt
Stress
EDTA
Kortikoid-Therapie (Mutter/Kind)
17-alpha-Hydroxylase-Mangel
Austauschtransfusion/fresh frozen plasma
milde Varianten des AGS
BiotinidaseFrühgeborene (Enzymunreife)
Hitze & Desinfektionsmittel auf Trockenblutprobe
Transfusion/fresh frozen plasma
GALT (Galaktose-1-P-Uridyl-Transferase)Hitze & Desinfektionsmittel auf Trockenblutprobe
lange Transportzeit
Transfusion von Erythrozyten
GalaktoseVerunreinigung der Testkarte mit Milchanhaltendes Erbrechen
keine Gabe von Mutter-/Säuglingsmilch (galaktosefreie Kost)
PhenylalaninParenterale Ernährung
Gabe von Trimethoprim
Verunreinigung der Testkarte mit Aspartam
Frühgeborene (Ratio Phe/Tyr)

 

Leucin/ IsoleucinAminosäuren-Infusion
Hohe Proteinzufuhr
Hyperhydroxyprolinämie
intermediäre und milde Verlaufsvarianten der Ahornsirup-Krankheit
Glutaryl-Carnitin C5DCNiereninsuffizienzbiochemisch milde Phänotypen
Isovaleryl-Carnitin C5Pivalinsäure-haltige Medikamente (Antibiotika)
Methylbutyrylglycinurie
 
mittellangkettige AcylcarnitineGabe von Valproat
Gabe von MCT-haltiger Nahrung
hoch-kalorische Ernährung
Glukose-Infusion
langkettige AcylcarnitineKatabolismus
Sonnenblumen-/Olivenöl
längere Fastenperioden
Glukose-Infusion

modifiziert nach: Steuerwald U (2011): Pädiatrie hautnah 23(3) 244-50 (mit freundlicher Genehmigung des Springer Medizin-Verlages)